RAID | Manumission Motel Bologna – Freitag, 2. Februar 2018

Für diese spezielle Missionsintervention in einem Hotel an der Autobahn nach Bologna habe ich beschlossen, das Zimmer Nr. 306 zu nutzen. Ein Ort, der uns zum Schlafen, Träumen, Ausruhen und manchmal auch zum Genießen der Nacht einlädt.

Die Wahrnehmung eines Hintergrunds möglicher Erzählungen in der Erinnerung an diesen Ort öffnet sich vor meinen Augen wie ein Buch auf der Seite dieser Zimmertürnummer. Was also boten Seite 306 der achtzehn Bücher mit Reisegeschichten, die ausgewählt wurden, um an der Wand dieses Ortes zu leben? Sie werden es nie erfahren, da ich darauf geachtet habe, fast den gesamten Text verschwinden zu lassen. Die Sprache, ihr Lexikon, ihre Metrik, ihre Prosodie, alles wird angegriffen, dekonstruiert, gekürzt, durchlöchert. Die Zeichensetzung, dieses Atmen bleibt von dieser Inszenierung unberührt, und der Rhythmus dessen, was wir lesen und was wir nicht lesen, verstärkt das Gefühl des Verlusts, das Fehlen der Erinnerung an Worte.

In Anlehnung an die Cut-ups, die William S. Burroughs und Brion Gysin Ende der 1950er Jahre erfanden und die auf der Teilung und Neuanordnung bereits bestehender Texte basieren, lese ich Wörter, fragmentarische und instabile Sätze, die die Codes des kreativen Schreibens aufbrechen. Die Herausforderung besteht darin, sich die Sprache anderer wieder anzueignen, indem man sie durch ein Spiel des Schneidens aus ihrer Linearität befreit und so ein Anderswo schafft, von innen nach außen.

Die Emanzipation der Sprache geht zunächst über die Vernichtung des Buches, des Wortes, des Anfangs. Das heißt: das erste Wort, das das Buch begründete, neu zu überdenken. Eine privilegierte Erfahrung einer Desorganisation des Textes, die auf allen anderen Werten als denen der Bedeutung beruht. Diese Leere, diese Spur der Leere ist nicht nur das Verschwinden des Ursprungs. Sie wird zum Ursprung des Ursprungs.