

Ein Dialog mit Worten und Bildern – Eine Frage der Erinnerung
Andréanne Obersons künstlerische Praxis beschäftigt sich mit dem Alltag, den sie als Reservoir betrachtet – einen Raum, aus dem sie Elemente schöpft, um die Schattenseiten unserer Wahrnehmung hervorzuheben. Sie versucht auch, die Fehler in Sprachsystemen aufzudecken und diese mit Poesie und Kritik zu durchdringen, um neue Hierarchien zu etablieren: Sie priorisiert die Sprache, bewertet die Zeitlichkeit neu und betont die Bedeutung des Geschichtenerzählens.
Ihre Arbeit hinterfragt Vorstellungen von Raum, Zeit und Erinnerung sowie unsere Fähigkeit, einander Geschichten zu erzählen. Für diese Ausstellung hat sie in ihren persönlichen Archiven, insbesondere Super-8-Videos aus ihrer Kindheit, nach Erinnerungsfragmenten gesucht. Diese zarten Graphitzeichnungen sind mit poetischen Texten verwoben, die durch Reflexionen und Klangspiele eine intime Reise schaffen, auf der vergrabene Emotionen in einer Collage aus Empfindungen und Erinnerungen wieder an die Oberfläche kommen.
Anhand dieser fragmentarischen Visionen erforscht sie die Konstruktion von Identität und ihre Beziehung zur Welt, ihrer Familie, der Zeit und der Erinnerung und wirft Fragen zur Natur der Existenz auf. Parallel dazu präsentiert sie eine Reihe von Bildern, die in den letzten zehn Jahren entstanden sind und die sie mit poetischen Texten oder Haikus kombiniert, die sie im Cut-up-Verfahren verfasst hat.
Ob intim oder kollektiv, die Werke von Andréanne Oberson stellen schwebende Momente dar, die narratives Potenzial bergen – latente Geschichten, die durch den Blick oder die Handlungen des Betrachters aktiviert werden können. Durch diese Resonanz erzeugen sie neue Erzählungen, in denen Vergangenheit, Gegenwart, Realität und Erinnerung, das Sichtbare und das Unsichtbare miteinander verwoben sind.
Sie lädt uns ein, darüber nachzudenken, wie wir unsere Erinnerungen und Identitäten rekonstruieren, zwischen Bild und Sprache zu navigieren, zwischen dem, was gezeigt und dem, was wahrgenommen wird, zwischen dem, was bleibt und dem, was für immer verschwindet.


Das Verb „sein“ im Präsens, 1 bis 6 Tafeln 55×110 cm, Graphitstift auf 280 g/m² Opalinpapier auf Alu-Dibond, 2025, St-Livres, Schweiz




Das Verb „sein“ im Präsens, 1 bis 6 Tafeln 55×110 cm, Graphitstift auf 280 g/m² Opalinpapier auf Alu-Dibond, 2025, St-Livres, Schweiz



Digitaldruck auf mattem Archivpapier, auf Schaumstoffplatte montiert, 73x73 mm, 2024, St-Livres, Schweiz





























































